News

Der Strohballenbau

jules-ferry-residence-1
Herbert Gruber
geschrieben von Herbert Gruber

Den Strohbau gibt es so lange, wie es Ballenpressen gibt (ca. 1870). Die ersten Strohballenhäuser wurden um diese Zeit in den USA errichtet. Das älteste Strohballenhaus in Europa steht in Montargis, es wurde im Jahr 1926 in Holzständerbauweise mit Strohballen als Wärmedämmstoff errichtet und mit Kalk verputzt. Mittlerweile ist das Haus Ausbildungszentrum des französischen Strohbau-Netzwerks und das Stroh darin – noch gelb.

Nach einer Zeit der synthetischen (zum Teil auf der Erdölchemie basierenden) Dämmstoffe wurde der Strohballenbau 1967 als derzeit ökologischeste und nachhaltigste Bautechnik wieder entdeckt. Seitdem hat sich viel getan: mit der Permakulturbewegung wurde der Strohballenbau rasch weltweit bekannt, ursprünglich als günstige Selbstbautechnik und – oft – als lasttragender Bau ausgeführt (ohne statisches Tragwerk).

Um die letzte Jahrhundertwende entstanden in mittlerweile beinahe allen europäischen Ländern (gemeinnützige) Organisationen und Strohballen-Netzwerke, die diese nachhaltige Bautechnik erforschten, dokumentierten, vermittelten – und Strohballenhäuser – mit und ohne Beteiligung der BewohnerInnen – errichteten.

Anfangs waren dies 1 bis maximal 2-stöckige Gebäude, größtenteils Einfamilienhäuser, Schulen oder Communitygebäude. Aber mit dem aufkommenden Holzbau, dem Niedrigstenergie- und Passivhaustrend und der Klimaerwärmung wuchs auch der Strohballenbau über sich hinaus: mittlerweile gibt es 5- (Verden, DE) und 7-stöckige (St. Die/Strassburg, FR) Wohn- und Gewerbegebäude (z.B. in Eferding, AT), Sanierungen, Dome (Hruby Sur, SK), Gewölbe (Tamera/PT, Wangelin/DE), Schulen in urbanen Regionen (z.B. in Paris, FR), Universitäten (Nottingham, UK), Businessparks (Bradford, UK), Jugendherbergen (Burg Ludwigstein, DE), CoHousing-Projekte (z.B. in Leeds, UK), öffentliche Gebäude (z.B. Robbiton in Wien), große Passivhäuser (z.B. S-House in Böheimkirchen, AT), Ökodörfer (Lammas, Wales, UK) oder ganze Stadtteile (Schelfbauhütte, DE) in Strohbautechnik.

Und der Strohballenbau wagt sich an immer größere (Smartseille/Marseille, FR), abenteuerliche (Van Roll/Oensingen, CH), kreativere (Le Damassine, FR), engagiertere (Hofladen Herbrechtingen, DE) und soziale (UPS Karlsruhe/DE, SmartCity Wien/AT) Projekte in einer Vielfalt, die gerade im Ökobau erstaunlich ist. Strohballenbau ist eben auch cool. Und man kann durchaus sagen: Das Goldene Zeitalter des Strohballenbaus hat (längst) begonnen.

About the author

Herbert Gruber

Herbert Gruber

Netzwerker seit der Gründung des ASBN 1999, Obmann des ASBN seit 2006, Buchautor (Bauen mit Stroh, Neues Bauen mit Stroh), Gesellschafter von StrohTec (Österreichs erster Strohbaufirma), hat in Ravelsbach im Zuge eines Haus der Zukunft plus-Projektes die Virtuelle Stroh-Baustelle ins Leben gerufen, wo seit 2010 regelmäßig Workshops stattfinden. 2015 gründete er die Kooperation StrohNatur, die nun auch Strohballenhäuser (mit und ohne Workshops) errichtet.